RHEINRINNEN
Frühholozäne Rinnen in der Niederterrasse
Zahlreiche Rinnen durchziehen die Hochflutebene des Rheines (Karte oben und Artikel NIEDERTERRASSE) aus der letzten Eiszeit, dem Weichsel-Glazial (Artikel KÖLN IN DER TUNDRA). Die Rinnen entstanden zu Beginn der jetzigen Warmzeit, dem Holozän, als der Wasserhaushalt des Rheines sich grundlegend änderte. Aus dem Rhein, der bei kurzen frühsommerlichen Hochwasserspitzen sein extrem breites, verwildertes und vielfach verflochtenes Flussbett („braided river system“) überflutete, wurde ein ganzjährig fließendes Gewässer. Nur wenige mäandrierende Arme, die 2 bis 5 Meter in die eiszeitliche Hochflutebene (=Niederterrasse) eingetieft waren, wurden bei Hochwasser noch genutzt, die Hochflutebene selbst wurde hochwasserfrei.
Mit weiterer Eintiefung zog sich der Rhein auf einen Lauf („einfadige Fließrinne“) zurück und entwickelte ausgeprägte Mäanderbögen. Dabei änderte sich der Flussquerschnitt hin zu einer im Verhältnis zur Flussbreite verhältnismäßig tiefen Flussrinne. Auch ohne Einwirkung des Menschen würde der Rhein heute lediglich die maximal 3 Kilometer breite Aue, sein gegenwärtig natürliches Hochflutbett, überströmen und durch Materialverlagerung verändern (Artikel DYNAMISCHE FLUSSLANDSCHAFT) und nur bei starkem bis extremem Hochwasser einen Teil der spätglazial/frühholozänen Rinnen fluten.
Die frühholozänen Rinnen sind, wo sie nicht durch Abgrabungen oder Überbauung verändert wurden, landschaftsprägend und auch für Laien erkennbar. Obwohl sie nur zwei bis fünf Meter in die Kölner Rheinebene eingeschnitten sind, haben sie Anlass zu vielen Ortsnamen gegeben wie Köln-Raderberg, Köln-Raderthal, Köln-Höhenhaus, Köln-Höhenberg und Porz-Gremberg.
Geschummertes Geländemodell, kontrastverstärkt
DGM @ Geobasis NRW 2017
Die Rinne, die von Auweiler zum Worringer Bruch führt (Geländemodell oben) und vom Wassererlebnispfad mehrfach gequert wird, zeigt sehr gut die Besonderheiten dieser flach muldenförmigen, meist mäandrierenden Eintiefungen.
Hochwassergefahrenkarte des Landes NRW für Kölner Pegel 12,90 m
www.steb-koeln.de
Bei extremem Hochwasser (Artikel HOCHWASSER) wird die Rinne mehrere Meter hoch überflutet werden (Karte oben).
Starkregengefahrenkarte STEB Köln, Szenario extrem
www.steb-koeln.de
Bei Starkregen (Artikel STARKREGEN) kann sich in dem alten Rheinarm bevorzugt das Wasser sammeln (Karte oben).
Grundhochwassergefahrenkarte
www.steb-koeln.de
Bei hohem Grundwasserstand (Artikel GRUNDWASSER) kann es in den Rinnen lokal an der Oberfläche austreten (Karte oben).
Am Wassererlebnispfad von Pulheim zum Rhein trifft man immer wieder auf die Rinne mit historischen Teichen und Sumpfgebieten mit Entwässerungsgräben, die heute als Folge einer Grundwasserabsenkung trocken liegen. In einer Bilderfolge soll dies, vom Worringer Bruch ausgehend, zusammenfassend dargestellt werden. Die Lage der Bilder ist in der Karte „Frühholozäne Rinnen in der Rheinebene“ mit einer Nummer markiert.
Bild 1: Großer Rheinarm am Dresenhofsweg, Blick nach Westen
Aufnahme vom 07. 12. 2009
Bild 2: Kleiner Rheinarm, Blick nach Süden
Aufnahme vom 02. 05. 2016
Am Dresenhofsweg südwestlich von Chorweiler-Blumenberg laufen der große, von Esch kommende Arm (Bild 1) und ein nicht so stark eingetiefter, von Weiler kommender Arm (Bild 2) zusammen (Erzählstation 10).
Bild 3: Gräben im Rheinarm zwischen A 57 und Bahnstrecke Köln-Neuss
Aufnahme vom 18.03.2018
Abseits vom Wassererlebnispfad liegt zwischen der Bahnstrecke Köln-Neuss und der Autobahn 57 im Wasserwerkswald ein ausgedehntes, von Gräben durchzogenes Gelände (Bild 3), das in historischen Karten als Sumpfland dargestellt ist.
Bild 4: Rheinrinne zwischen A 57 und Esch
Aufnahme vom 07. 12. 2009
Bild 5: Blick von Nordosten in den ehemaligen Großen Weiher am Frohnhof
Aufnahme vom 22. März 2012
Bild 6: Blick nach Südost in den Rheinarm
Aufnahme vom 30.Dezember 2015
Nördlich (Bild 4 und Erzählstation 5) und westlich (Bild 6 und Erzählstation 2) von Esch sieht man sehr gut das Flachmuldental, das im Ort weitgehend überbaut ist, aber zum Beispiel in der Chorbuschstraße „erfahren“ werden kann. Im Ort selber liegen noch zwei ehemalige Teiche, die „Dränk“ und der „Große Weiher“ (Bild 5 und Erzählstation 4) innerhalb der Rinne.
Bild 7: Kleine Kriegslaache im Landschaftspark Orr
Aufnahme vom 13. April 2015
In dem ausgeprägten Mäanderbogen, der weiter westlich an Pulheim vorbeiführt, befand sich in historischer Zeit eine Abfolge von Teichen (Kriegslaache, Kleine Laache, Große Laache). Die „Kleine Kriegslaache“ (Bild 7) wurde im 19. Jahrhundert als Teil eines Landschaftsparkes umgestaltet (Erzählstation 1).
Bild 8: Rheinrinne am ehemaligen Altenhof: Blickrichtung Nordost
Aufnahme vom 22. Oktober 2012
Am ehemaligen Altenhof östlich der Pletschmühle gabelt sich der alte Rheinarm und umfasst eine ehemalige Insel. Die flache Muldenform des nördlichen Astes ist gut zu sehen (Bild 8).
Bild 9: "Auensee" im alten Rheinarm; Naturschutzgebiet der Großen Laache
Aufnahme vom 31. Oktober 2010
Im südlichen Ast liegt das Naturschutzgebiet der Großen Laache. Dort wurde 1993 eine Teichkette angelegt. In den Teichen wird der Nährstoffgehalt des Pulheimer Baches durch biologische Prozesse weitgehend abgebaut, ehe das Wasser in einem Versickerungsschlitz ins Grundwasser eingespeist wird. Am Ende der Großen Laache wurde als Teil des Wassererlebnispfades Pulheimer Bach eine Beobachtungskanzel errichtet, in der mehrere Tafeln Informationen zum zeitweise Wasser führenden „Auensee“ (Bild 9) geben.
Bild 10: Rheinrinne nördlich von Mengenich; Blick nach Nordnordost zum Nüssenberger Busch
Aufnahme vom 22. Oktober 2012
Südlich Auweiler schwingt der alte Rheinarm dann in einem weiten Mäander nach Süden. Der Pescher See, eine ehemalige Kiesgrube (Artikel LEBENSRAUM KIESGRUBE) unterbricht die Rinne, die in Bocklemünd-Mengenich ein weiteres Mal erlebbar wird. Vor allem am nördlichen Ortsrand von Mengenich ist das Profil der Rinne gut zu sehen (Bild 10).
Auch im Kölner Süden gibt es einige Stellen, an denen man Einblick in das frühholozäne Rinnensystem des Rheines gewinnen kann.
Rheinrinne im Friedenspark (Westteil von Rodenkirchen), im Hintergrund der Forstbotanische Garten
Aufnahme vom 20. Oktober 2009
Eine Rinne liegt, vom Ortsteil Hahnwald kommend, im Friedenspark im Westteil von Rodenkirchen (Bild oben). Sie ist zwar etwas verändert, da in ihr Rinnentiefstes ein Sandspielplatz eingelassen und nach Osten (rechter Bildrand) ein künstlicher Hügel aufgeworfen wurde. Das Rinnenprofil ist aber vor allem am Rand zum Forstbotanischen Garten (Bildmittelgrund) gut auszumachen. Beim verheerenden Hochwasser von 1784 (Artikel HOCHWASSER) wurde diese Rinne ausweislich historischer Karten nochmals vom Rhein genutzt.
Rheinrinne und Rand der Unteren Mittelterrasse nördlich von Meschenich
Aufnahme vom 20. Oktober 2009
Ganz im Süden bei Meschenich markiert die Brühler Landstraße (B 51) den Rand der lößbedeckten Unteren Mittelterrasse aus der Saale-Eiszeit (Bild oben), die vom Rhein, dessen Rinne man deutlich erkennt, im Frühholozän noch unterschnitten wurde.
Rheinrinne und Rand der Unteren Mittelterrasse nördlich von Meschenich
Aufnahme vom 20. Oktober 2009
Durch bestimmte Nutzungsformen wird die Gestalt der Rinne und des Terrassenrandes besonders deutlich (Bild oben).
Viele Rinnen sind durch menschliches Einwirken verschwunden oder bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet. Die erhaltenen Rinnen verdienen einen pfleglichen Umgang.
Sie sind
- ein belebendes natürliches Landschaftselement in der Rheinebene, die ansonsten durch vom Menschen geschaffene Formen umgestaltet ist,
- ein Dokument der Flussgeschichte des Rheines,
- Leitbahnen für das Wasser, das unter extremen Bedingungen bei Hochwasser, Grundhochwasser und Starkregenüberflutungen diese Rinnen bevorzugt nutzt.