HOCHWASSER
Hochwasser in der Worringer Aue
Aufnahme vom 8. Januar 2018 bei Kölner Pegel 877
Hochwasser ist ein Naturereignis. In Flussregionen spricht man von Hochwasser, wenn das Gewässer ausufert und Flächen überschwemmt, die den größten Teil des Jahres trocken liegen (Bild oben). Dieser natürliche Überflutungsraum des Flusses ist die Aue. Das Ausmaß der Überflutung hängt ab vom Abfluss. Hohe Niederschläge und/oder starke Schneeschmelze erhöhen den Abfluss und führen zu Hochwasser.
Im Sommer ist es vor allem die sogenannte Vb-Wetterlage mit lang anhaltenden Starkregen (Artikel STARKREGEN), die größere Überflutungen bewirken kann. Vereinfacht dargestellt zieht bei dieser Wetterlage feuchtwarme Luft von der Biskaya über den Golf von Genua und über die Alpen. Durch eine quasistationäre Kaltfront wird die Verlagerung des Tiefs verlangsamt oder gestoppt und es regnet sich aus. Dabei kann über Tage immer wieder feuchtwarme Luft vom Mittelmeer nachgeliefert werden. Diese Wetterlage ist jedoch nicht auf den Sommer beschränkt und war in den letzten Jahrzehnten für zahlreiche katastrophale Hochwässer zu verschiedenen Jahreszeiten verantwortlich.
Hochwasser am Rhein
Das bisher größte Sommerhochwasser in Köln im Juli 1342 resultierte sehr wahrscheinlich aus solch einer Vb-Wetterlage, wie sich aus zahlreichen Berichten von Zeitzeugen der Katastrophe rekonstruieren lässt. Vom 19. bis 25. Juli wanderte, von Südosten kommend, ein Tief langsam über Deutschland hinweg nach Nordwesten. Der meiste Regen fiel in Franken und ließ den Main teilweise bis über 10 Meter hoch ansteigen. Der Rhein stieg in Köln bis über die Stadtmauer (11,53 m Kölner Pegel).
Das größte überlieferte Hochwasser in Köln war im Februar 1784. Nach einem schneereichen Rekordwinter, als sich eine bis 3 Meter dicke Eisschicht auf dem Rhein gebildet hatte, kam es bei einem Warmlufteinbruch mit starken Regenfällen zum Aufbrechen des Eises und zum Aufstau der Eisschollen, dem ein Eisgang folgte. Bei einem Stand bis 13,55 m Kölner Pegel wurde die Aue vollständig geflutet.
Hochwasser von 1784; Überschwemmungsgebiet im heutigen Luftbild
Abgrenzung aus: Karte des Rheinstroms im Königreich Preußen von 1872; Privatbesitz
Das Ausmaß der Überflutung von 1784 ist in dem Kartenwerk „Karte des Rheinstroms im Königreich Preußen“ von 1872 dargestellt und wurde in das Luftbild von 2016 übertragen (siehe oben). Die wenigen alten Ortskerne, die hochwasserfrei waren, wurden in dem Kartenwerk allerdings nicht dargestellt.
Zeitzeugenbericht 1784
Auch alte Rheinrinnen (Artikel RHEINRINNEN) wurden geflutet. Am Frohnhof in Orr, mehr als 6 Kilometer vom Fluss entfernt, stand das Wasser über einen Meter hoch, wie ein Zeitzeuge berichtet (siehe oben).
Hochwassergefahrenkarte; Extremhochwasser 12,90m Kölner Pegel
www.steb-koeln.de
Bei einem extremen Hochwasserereignis wird dies wieder geschehen (siehe Hochwassergefahrenkarte für 12,90 m Kölner Pegel). In diesem Fall wären über 250 000 Einwohner Kölns direkt betroffen und es würden voraussichtlich Schäden von über 3,5 Milliarden EUR entstehen.
Hochwasserfolgen
Die Überflutung der Aue ist natürliche Folge des Hochwassers. Das Wasser kann am Ufer und in der Aue an manchen Stellen abtragen, an anderen Sedimente, vor allem Sand und Auenlehm ablagern. Sand- und Kiesbänke, Uferdämme, Flutmulden und Sedimentationsflächen werden dadurch verändert (Artikel DYNAMISCHE FLUSSLANDSCHAFT).
An Durchbrüchen durch natürliche Uferdämme entstehen Kolke, die man
vereinzelt noch finden kann. Auch Deichbrüche führen zu Auskolkungen.
Chronist Joan Peter Delhoven 1784
So beschrieb der Chronist Joan Peter Delhoven die Wirkungen des Hochwassers. Damals, 1784, strudelte vom Deich herabstürzendes Wasser den Frohnweiher aus (Erzählstation 18).
Große Kuhl; Grundhochwasser in einem Auskolkungsteich von 1882
Kölner Pegel am 25. März2001 9,33 m
Fotograf: Marco Blömer
Das Hochwasser von 1882 hinterließ u.a. die Große Kuhl (Erzählstation 29). Sie füllte sich bei hohen Pegelständen mit Grundhochwasser (siehe Bild oben) und wurde 2005 im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen mit Kies verfüllt und verdichtet.
Schäden für den Menschen entstehen dort, wo in der Aue auf Kosten des Auwaldes Nutzflächen und Siedlungen geschaffen wurden. Wenn dann, verstärkt durch Flussbegradigungen, Verlust von Retentionsräumen, Eindämmung, Kanalisierung und Flächenversiegelung die Hochwasserspitzen von Rhein und Nebenflüssen zeitgleich zusammenlaufen und Deiche brechen, kommt es zur Katastrophe.
Hochwasserschutz
Seit 1541 sind Deichbauten zwischen Worringen und Langel belegt. Die letzten Verbesserungen erfolgten im Rahmen des Hochwasserschutzkonzeptes der Stadt Köln vom 1. Februar 1996. Auf einer Länge von 65 Kilometern wurden im Kölner Stadtgebiet beidseitig des Rheins in 18 einzelnen Abschnitten wichtige technische Maßnahmen sowohl oberirdisch (neue Deiche, Hochwasserschutzwände und mobile Wände) als auch unterirdisch (Anpassungen in der Kanalisation) umgesetzt. Umsetzungsbeispiele finden sich entlang des Wassererlebnispfades.
Einbau von Spundwänden; 27. Januar 2007
Fotograf: Hans Auweiler
Durch bis 16 Meter lange Spundwände (Bild oben) wurde der Deich stabilisiert.
Sichtlücke in der Deichkrone von Langel; 8. Januar 2018 bei 8,77 m Kölner Pegel
Lücken in der aufgesetzten Betonwand wurden für den Einbau von Balken und Mittelstützen einer mobilen Hochwasserschutzwand (Bild oben) vorgerichtet (Erzählstation 24).
Probeeinbau der mobilen Wand am Mennweg; 11. Juni 2008
Fotograf: Hans Auweiler
Der Einbau (Bild oben) kann innerhalb von rund 5 Stunden erfolgen.
Hochwasserschutztor Rheinkassel
Aufnahme vom 8. Januar 2018 bei 8,77m Kölner Pegel
Durchgänge wurden mit Schutztoren ausgestattet (Bild oben). Diese müssen bei Hochwasser bewacht werden, um Einwirkungen Dritter zu verhindern.
Hochwasserschutzwand Langel
Aufnahme vom 18. Februar 2018
Die Deichkrone wurde erhöht (Bild oben), so dass nun für den linksrheinischen Kölner Norden ein Schutz bis zu einem Hochwasser von 11,90 m Kölner Pegel (statistisch seltenes Ereignis) gegeben ist.
Pumpanlage Werthweg
Aufnahme vom 13. Mai 2011
Ältere Hochwasserpumpwerke wurden durch Neubauten ersetzt und stellen die Entwässerung des Kanalnetzes sicher. Am Werthweg (Bild oben und Erzählstation 19) und am Kuhlenweg (Bild unten und Erzählstation 28) bilden sie gut sichtbare Landmarken.
Pumpanlage Kuhlenweg
Aufnahme vom 5. November 2015
Schaubild Hochwasserpumpwerk
www.steb-koeln.de
Ab 5,0 Meter Kölner Pegel werden die Rheinauslasskanäle der Pumpwerke (Bild oben) mit einem Doppelschieber verschlossen, um einen Rückstau des Rheinwassers zu verhindern. Dann kann die Hochwasserpumpanlage bis zu 5000 Liter pro Sekunde in den Rhein fördern.
Mit den Maßnahmen ist ein Schutz der Einwohner Kölns bis zu einem Stand von 11,30 Meter Kölner Pegel gewährleistet, im Kölner Nordwesten reicht der Schutz sogar bis 11,90 Meter Kölner Pegel. Für die Verwirklichung des Konzeptes wurden rund 430 Millionen EUR benötigt. Ein Hochwasser von 11,30 Meter Kölner Pegel dagegen würde bereits einen Schaden von 1,6 Milliarden EUR verursachen.
Einen Schutz gegen Extremhochwasser gibt es jedoch nicht, da dem Fluss zu viel von seinem natürlichen Rückhalteraum, der Aue, genommen wurde.