DYNAMISCHE FLUSSLANDSCHAFT
Rheinfracht
Jahr für Jahr transportiert der Rhein zwischen 2 und 5 Millionen Tonnen Feststoffe durch Köln. Rund 95 % davon schweben im Wasser (Suspensionsfracht), etwa 80 % als Feinstschwebstoffe, 15 % als suspendierte Sande. Lediglich 5 % werden als Sohlfracht vom Wasser gerollt und geschoben (Geröll, Geschiebe) und dabei zugerundet.
Schwarzwasser/Weisswasser
Orthophoto©Geobasis NRW 2017
Bei Hochwasser führt der Rhein besonders viele Schwebstoffe, die das Sonnenlicht reflektieren. Das eigentlich graubraune Wasser wirkt im Luftbild (oben) dadurch fast weiss, während das klare Wasser der einmündenden Wupper schwarz aussieht.
Niedrigwasser erlaubt Einblicke in die Wirkung der Flussarbeit.
Trocken gefallenes Schotterbett des Rheines oberhalb Worringen
Aufnahme vom 4. September 2013 bei 1,95 Meter Kölner Pegel
Bei Niedrigwasser fällt das Geröll des Flussbettes teilweise trocken (Bild oben).
Trocken gefallenes Flussbett des Rheines unterhalb Langel mit zusammengespülten asiatischen Körbchenmuscheln
Aufnahme vom 30. November 2011 bei 0,95 Meter Kölner Pegel
Unter günstigen Bedingungen kann man Tausende zusammengespülter Körbchenmuscheln (Corbicula sp.) finden (Bild oben). Die aus Asien eingeschleppte Art hat vielerorts die heimische Flussmuschel weitgehend verdrängt.
Brutvögel in Naturschutzgebiet
Das Flussbett wird bei längerem Trockenfallen zum Nistplatz zahlreicher Bodenbrüter.
Trocken gefallenes Schotterbett des Rheines oberhalb Worringen mit Sonnenblume und Ampfer-Knöterich
Aufnahme vom 17. September 2018 bei 1,22 Meter Kölner Pegel
Die Schotter und Sande der Sohlfracht sind auch Lebensraum einjähriger Pflanzen (Bilder oben und unten), deren Samen der Rhein hierher verfrachtet hat.
Trocken gefallenes Schotterbett des Rheines oberhalb Worringen mit Stechapfel
Aufnahme vom 17. September 2018 bei 1,22 Meter Kölner Pegel
Abtragung (Erosion)
Freigespülte Baumwurzeln am Rheinufer bei Langel
Aufnahme vom 23. Juli 2016
Das Hochwasser des Rheines unterspült Baumwurzeln (siehe oben) und vertieft Flutmulden.
Freigespülte Baumwurzeln am Rheinufer bei Langel
Aufnahme vom 16. August 2016 bei 2,70 Meter Kölner Pegel
Die Abtragung (Erosion) kann als Folge weniger Hochwasserereignisse einen Meter (Bild oben) und mehr ausmachen.
Ablagerung (Sedimentation)
Rippelmarken in übersandetem Getreidefeld unterhalb Langel
Aufnahme vom 17. Januar 2012 bei 4,05 Meter Kölner Pegel
Das sinkende Wasser hinterlässt einen kleinen Teil seiner Fracht. Auf übersandeten Ackerflächen werden die Rippel (Bild oben) sichtbar, die von den Bugwellen der Schiffe gezeichnet wurden.
Trockenrisse in feinkörnigen Hochwassersedimenten der Worringer Aue
Aufnahme vom 7. August 2013
Rasch trocknet an anderen Stellen der tonreiche lehmige Schlamm und tiefe Trockenrisse (Bild oben) öffnen sich, die bei den nächsten Regen wieder zerfallen. Die abgelagerte Suspensionsfracht aus Sand, Schluff und Ton bildet den Auenlehm (Hochflutlehm).
Fein geschichteter Auenlehm am Kasselberger Ufer
Aufnahme vom 2. April 2014 bei 2,07 Meter Kölner Pegel
Legt der Fluss durch Seitenerosion seine eigenen jungen Ablagerungen frei, dann erkennt man die feine Schichtung des Auenlehmes (Bild oben).
Vom Hochwasser zurückgelassene Sandbank im Weißer Bogen
Aufnahme vom Januar 1994
Beim Übergang des Wassers vom Flussbett in die Aue können sich als Folge plötzlich abnehmender Strömung Sandbänke bilden (Bild oben).
Dammufer und Inseln
Sandschüttung am Ufer bei Langel
Aufnahme vom 21.02.2013 bei 3,63 Meter Kölner Pegel
Durch wiederholte Aufschüttung (Akkumulation) von Lehm und Sand kommt es zur Aufhöhung am Ufer (Bild oben).
Dammufer und Flumulde in der Langeler Aue
Aufnahme vom 17. Januar 2012 bei 4,05 Meter Kölner Pegel
Es entsteht ein Dammufer (Bild oben).
Dammufer und Flumulde in der Langeler Aue
Aufnahme vom 13. Januar 2018 bei 5,84 Meter Kölner Pegel
Altarme können dabei vom Strom abgedämmt werden, wie es ansatzweise das Bild oben zeigt (siehe auch Erzählstation 30).
Mäander, Prallhang und Gleithang
Rheinmäander
Der Rhein zwischen Bonn und Rees ist ein mäandrierender Tieflandsfluss (Karte oben). Wenn sich zwei Mäanderbögen durch Seitenerosion mit ihren Prallufern (siehe Abbildung unten) aufeinander zu bewegen, kann es zu einem Durchbruch am Mäanderhals kommen.
Schematischer Querschnitt
Der Stromstrich, der Bereich mit der stärksten Strömung, schwingt bei einem Mäander (Abbildung oben) nach außen, prallt ans Ufer (Prallufer) und trägt dort Material ab (Tiefen- und Seitenerosion). Bei starkem Hochwasser ufert der Fluss aus. Mit Übertritt aus dem Flussbett verringern sich Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit so stark, dass der Fluss Material ablagert. Es bilden sich Dammufer. Am Innenbogen, dem Gleitufer, entstehen langgezogene schmale Uferbänke. Tieft sich der Fluss insgesamt etwas ein, dann entstehen Prallhänge, die nicht mehr überflutet werden und Gleithänge.
Worringer Bruch
Orthophoto©Geobasis NRW 2017
Der hufeisenförmige Verlauf des Worringer Bruches (Luftbild oben) ist typisch für einen ehemaligen Mäanderbogen (Erzählstation 13).
Querprofil durch Niederterrasse
Das asymmetrische Querprofil (siehe oben) des Flussbettes mit Prallhang (siehe Bild unten) und Gleithang entstand durch den gekrümmten (mäandrierenden) Verlauf des Rheines.
Prallhang am Rand des Worringer Bruches; Blick vom Senfweg in Richtung Bruchstraße
Aufnahme vom 31. Dezember 2016
Die Vorkommen ehemaliger Gleithang-Uferbänke und Prallhänge erlauben die Rekonstruktion des ehemaligen Rheinmäanders zwischen Worringen, Hitdorf und Rheinkassel (Karte unten).
Mäanderhalsdurchbruch des Rheines
Vor mehreren tausend Jahren waren zwei Außenbögen so aufeinander zugewachsen, dass der Mäanderhals durchbrochen wurde. Die Laufverkürzung erhöhte das Gefälle und der Rhein tiefte sich etwas ein. Hochwasser schütteten danach dammuferartige Sandbänke auf, der abgeschnürte Altarm verlandete und vermoorte. Als die Römer vor rund 2000 Jahren ins Rheinland kamen, war dieser Prozess im Wesentlichen bereits abgeschlossen, denn die Römerstraße von Köln nach Neuss verläuft bereits auf dem Dammufer.
Aus Aufzeichnungen und historischen Karten lassen sich die größeren Veränderungen im Fluss und am Ufer für die letzten Jahrhunderte nachvollziehen.
Ausschnitt aus: Descriptio agri civitatis coloniensis (Willem Blaeu) von 1662
von privat
Auf der Karte von 1662 (siehe oben) sieht man zwei Inseln, die eine oberhalb Hitdorf, die andere vor Rheinkassel. Sie wurde Dodemannsorth genannt, weil dort oft Ertrunkene angespült wurden.
Ausschnitt aus der Topographischen Karte 1 : 25 000
Blatt Leverkusen von 1845 (Preußische Uraufnahme)
In der Preußischen Uraufnahme von 1845 (Bild oben) wird Dodemannsort, die ehemalige Insel, als Acker genutzt. Die Insel bei Hitdorf ist oberstrom durch natürliche Prozesse (Dammuferbildung) vom Fluss getrennt. Außerdem sind bei Merkenich Buhnen zu sehen, die in den Fluss hinein gebaut wurden, um eine Verengung des Flussbettes zu erreichen. Es war die Zeit, in der sich das Geschehen am Flussufer grundlegend wandelte. Mit dem Einsatz der Dampfschiffe wurde das Treideln auf dem Leinpfad (Erzählstation 22) aufgegeben und der Umbau des Flusses zur Schifffahrtsstraße wurde verstärkt.
Ausschnitt aus: Karte des Rheinstroms im Königreich Preußen 1872
von privat
1872 (siehe oben) ist der Ausbau deutlich weiter fortgeschritten. Buhnen zwischen Rheinkassel und Langel, aber auch rechtsrheinisch, zwingen den Fluss zu Anlandungen und engen ihn weiter ein. In Hitdorf entsteht unterhalb der ehemaligen Insel der Hitdorfer Hafen. Zwischen Langel und Hitdorf liegt etwa in Flussmitte eine Insel, die wohl nur kurz existierte, da sie in der Karte von 1900 (Preußische Neuaufnahme) nicht mehr dargestellt ist.
Ausschnitt aus der aktuellen Topographischen Karte 1 : 25 000
Bildschirmfoto aus www.tim-online.nrw
Heute (Kartenausschnitt oben) sind die Buhnenbereiche überwiegend verlandet. Zwischen dem Dammufer, das sich am Außenrand der Buhnen entwickelt hat und dem alten Flussufer von Rheinkassel-Langel liegt eine Flutmulde.
Flussbau – Flussregelung
Die dargestellten Veränderungen waren teils Folge natürlicher Prozesse der Aufschüttung und Abtragung, vor allem aber das Ergebnis flussbautechnischer Eingriffe des Menschen, die zu einer immer größeren Naturferne des Rheinlaufes führten.
Deich, Uferdeckwerk und Kilometrierung
Wichtige Flussbauwerke zwischen Merkenich und Worringen sind Deich, Uferdeckwerk und Kilometrierung (Bild oben)
Buhnen
sowie vom Ufer in den Fluss ragende Buhnen (Bild oben).
Buhnen und Uferdeckwerk aus gebrochenem Säulenbasalt
Buhnen und Uferdeckwerk (Bild oben) bestehen in Köln überwiegend aus gebrochenem Säulenbasalt. Sie dienen der Fahrrinnenvertiefung und dem Uferschutz. Durch den Ausbau tiefte sich der Fluss um rund 70 Zentimeter ein und das Flussbett wurde enger. Bei Niedrigwasser bleibt eine Fahrrinne erhalten.
Betonierte Auslässe
Innerstädtische Kanalnetze münden in der Regel mit betonierten Auslässen (Bild oben) in den Fluss.
Hafenanlagen am Ufer aus Beton
Auch die Hafenanlagen am Ufer sind aus Beton (Bild oben).
Es waren vor allem Maßnahmen für den Hochwasserschutz und die Sicherung der Wasserschifffahrtstraße, die den Rhein in Fesseln legten. Der Fluss, seine Ufer und seine Aue stehen dadurch jedoch im Gegensatz zu der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) vom 23. Oktober 2000, die eine nachhaltige und umweltverträgliche Wassernutzung verlangt. Die Richtlinien sind Folgen eines Umdenkens, das bereits in den 1970er Jahren einsetzte.
Wichtige Maßnahmen der Umsetzung sind:
- Renaturierung der Flüsse
- Rückbau von Uferbefestigungen
- Deichrückverlegung
- Flutmulden zu Nebenrinnen machen
- Umbau von Buhnen.